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Glasperlenspiel

 

Alexandrinisches Glasperlenspiel für intuitives Systemverständnis und partizipative Systementwicklung ~ erste Präsentation in Melk 11.5.2013

von Helmut Leitner und Franz Nahrada

Die Idee von Hermann Hesse (Franz Nahrada)

Glasperlenspiel - Kultur gegen Wirtschaft - Orden und Klöster - pädagogische Provinz - Wissenschaft als Nachvollzug von fundamentalen Lebensprinzipien muss wesentlich Spiel sein -

Quellen: [1] [2]

Das Glasperlenspiel ist Hesses einziger Zukunftsroman, doch wird man in diesem utopischen Roman aus dem Jahr 1943 vergeblich nach Computern, Raumschiffen oder Zeitreisen suchen, zumindest nicht in der klassischen Form. Hesse siedelt seine Utopie im 23. Jahrhundert an und knüpft an die Gegenwart in einer ganz spezifischen Weise an, die mich als jungen Menschen zunächst sehr befremdet hat. Nicht die Technik hat sich in dieser Zeit verändert, sondern das intellektuelle Leben, und zwar in einer Form die zur Zeit der 68er Bewegung besonders irritieren musste. Worte wie Autorität, Hierarchie, Disziplin sind positiv besetzt.

Zum Inhalt: Der Orden der Kastalier hat weltweit eine führende Rolle im Bildungswesen übernommen und sich seine eigene "päadagogische Provinz" geschaffen. Es ist ein nichtreligiöser Orden, der nichtsdestoweniger viele Muster religiöser Orden inklusive Klöster aufweist, und der den Hintergrund abgibt für die Geschichte eines Mannes, der in ihm aufsteigt und letztlich aus ihm aussteigt. Hesse beschreibt eine jedem Wissenssystem, jeder Kultur immanente Tendenz der Erstarrung, der Lebensfremdheit, aber eingebettet in eine große Wertschätzung der Leistung von Wissen und Kultur. Diese Ambivalenz macht den Reiz des Buches aus.

Hesses Roman ist eine die Zeitgenossen sehr eigenartig anmutende und doch berührende Antwort aus den Schweizer Bergen auf das Phänomen des Nationalsozialismus und die ihn überwindende Gesellschaft der globalen Beliebigkeit, die er "Feuiletonismus" nannte.

Er sah eine diese wiederum überwindende universellere Kulturform heranwachsen, die die Weisheit aller Völker und Zeiten in sich aufzunehmen vermag, indem sie aus scheinbar peripheren Phänomenen das Wirken von Ordnungs- und Gestaltungsprinzipien herausdestilliert, und deren Entfaltung im Raum der vielfältigen Situationen und Möglichkeiten spielerisch (durch substantielle Vergleichung) nachvollzieht. Wenn es das Wesen der Philosophie und Religion ist, in der Mannigfaltigkeit der scheinbar zufälligen Welt Notwendigkeit und Ordnung zu suchen, dann ist das Glasperlenspiel die Einheit von Philosophie, Religion, Kunst und Wissenschaft, es ist selbst Nachvollzug des spielenden, schöpferischen Aktes, in der der Mensch

Das Material des Glases ist dabei ein Träger reiner Information, die Beziehungen, Entitäten, Kräfte in der Welt abbildet und zu simulieren vermag, durch das sich der Spieler das komplexe Beziehungsmuster einer in sich ganzheitlichen Realität, das Spiel von Zufall und Notwendigkeit, zu vergegenwärtigen vermag.

Hesse: "Das Glasperlenspiel ist also ein Spiel mit sämtlichen Inhalten und Werten unserer Kultur, es spielt mit ihnen, wie etwa in den Blütezeiten der Künste ein Maler mit den Farben seiner Palette gespielt haben mag."

Fragen:

  • Zum Thema der Männerzentriertheit der kastalischen Vision:
    • "Der Autor des Glasperlenspiels war ein alternder und bei Beendigung der vieljährigen Arbeit ein schon alter Mann. Je älter ein Autor wird, desto mehr hat er das Bedürfnis, genau und gewissenhaft zu sein und nur von Dingen zu schreiben, die er wirklich kennt. Die Frauen aber sind ein Stück Leben, das dem Alternden und Alten, auch wenn er sie früher reichlich gekannt hat, wieder ferngerückt und geheimnisvoll wird, worüber etwas Wirkliches zu wissen, er sich nicht anmaßt und traut. Die Spiele der Männer dagegen, soweit sie geistiger Art sind, die kennt er durch und durch, dort ist er zu Hause. Ein Leser mit Phantasie wird sich in mein Kastalien hinein alle klugen und geistig überlegenen Frauen von Aspasia bis heute schaffen und vorstellen." Hesse in einem Brief an seine Leser, abgedruckt in der Weltwoche, Zürich, vom 16. Februar 1945.
  • Hesse beschreibt, dass das Glasperlenspiel selbst in Kastalien eine ambivalente Rolle spielt... Glasperlenspieler werden durchaus von einigen "strengen Wissenschaftern" nicht als wirkliche Geistesmenschen angesehen, und doch ist das Glasperlenspiel in der Hierarchie der Tätigkeiten des Ordens weit oben, bestimmt durchaus seine Politik und Strategie.

Glasperlenspiel und Christopher Alexander (Stichworte)

Erste, oberflächliche Annäherung:

A Hesse beschreibt eine Zukunft, die sich aus Tradition speist:

"Es ist wunderlich mit der Tradition, sie ist ein Geheimnis, beinahe ein Sakrament. Man lernt eine Tradition kennen, knüpft sie vorläufig an Namen, Richtungen, Programme, folgt ihr eine Weile, und sieht dann langsam mit den Jahren und Jahrzehnten, daß hinter allen diesen Namen und Richtungen, die man vielleicht längst abgetan hat, ein Geheimnis liegt, eine namenlose Erbschaft, die nicht bloß zur Romantik oder zu Goethe oder zum Mittelalter oder zur Antike, sondern bis in die ältesten Mythologien und Völkergedanken zurückreicht, und die weit genug ist, die größten Gegensätze an Menschen wie an Programmen zu umfassen, nur eines nicht: das unbedingt und ums Verrecken neu-sein-Wollen." Hermann Hessse in einem Brief an R. Jakob Hume von Anfang März 1940

B Verbindung zu Alexander:

"Timeless Way of Building" und der darin beschworenen "Quality Without a Name", bzw. ein Lebenswerk, das vom bahnbrechenden "Notes on the Synthesis of Form" bis zum vierbändigen Opus Magnum "The Nature of Order" über ein Dutzend Bücher, und hunderte Artikel und Architekturprojekte umfasst. Hier geht es ebenfalls um eine Wertschätzung für das (immer schon) Existierende, als - obzwar immer hinterfragbarer und auflösbarer - Basis lebendiger Strukturen, Prozesse, Systeme. Nichts, was Alexander uns an gedanklichen Werkzeugen anbietet, ist blind anwendbar oder geistlos wirksam.

Klostertradition christlich lokal und universell.

Erste Parallelität im Denken: eine gute Zukunft realisiert zeitlose Muster.

Weil das so ist, vermuten wir, dass die geistige Tätigkeit, die Hesse im Glasperlenspiel skizziert, in ihrer inneren Logik sehr verwandt ist mit der Alexanderschen Idee der Mustersprachen.

Das von Helmut Leitner initiierte Projekt - als "Kartenspiel"

Die 64 Karten entsprechen ebensovielen identifizierten Alexandrinischen Kozepten, allesamt werfen sie entwicklungsrelevante Fragen auf, die zu einer ganzheitlichen Systembetrachtung führen.

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Die 5 Kartengruppen

  • S - Struktureigenschaften * 16 (die 16. ist implizites tacit knowledge)
  • P - Prozesseigenschaften * 12 (die werden von Alexander nirgends referiert, aber ständig verwendet)
  • D - Description Logic * 13 Beschreibungskomponenten für Mustern und Mustersprachen
  • B - Alexandersche Begriffe * 12
  • A - Attitudes * 11 Das Verhältnis des Gestalters zu seiner Gestaltung und seinen Mitgestaltern, seinem Material, seiner Erfahrung
Tendenziell sind zentralere und wichtigere Begriffe niedriger nummeriert.

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