Theoriekultur - Wiki | StartSeite | Neues | TestSeite | Suchen | Teilnehmer | Projekte | AlleSeiten | Einstellungen | SeiteEditieren |
WikiInhaltexterne Links
|
Unsichtbare Intelligenz / Beiträge / Barbara Pitschmann Barbara Pitschmann
DER MARKT. Teil II Oder: Messe mag man eben! Bis es zur komplexen kapitalistischen Abstrahierung in Form eines Kassazettels kommen konnte, musste sich der Kapitalismus erst entwickeln. Da ich als Leiterin der Subversivmesse zu Ihnen spreche, werde ich kurz den Fokus auf die Entwicklung des Marktes hin zur Messe richten. Das Wiederaufleben des Fernhandels in Europa um die Jahrtausendwende überbrückte die räumliche und zeitliche Trennung zwischen ErzeugerIn und VerbraucherIn, zwischen Angebot und Nachfrage. Wochen- und Jahrmärkte, als Orte von lokaler wirtschaftlicher Bedeutung regulierten lediglich Angebot und Nachfrage des Umlandes. Märkte größeren Umfanges, welche an wichtigen, verkehrsgünstig gelegenen Knoten der Handelsrouten und Bischofsstätten lagen, gewannen rasch überregionaler Bedeutung. Diese Märkte wurden meist mit einem gut besuchten kirchlichen Fest (Feiertag) verbunden, um auch für eine ausreichende Nachfrage zu sorgen. Die Missa (feierliche Messe) oder Feria (Feier- oder Ruhetag) können als Namensgeber für die heutige Messe oder Fair gesehen werden. Die Landesfürsten erkannten schon bald die Bedeutung der Messen für die eigene Region. Um die Handelstreibenden anzulocken, senkten die Landesfürsten deshalb Steuern und Zölle bzw. erließen sie den HändlerInnen (während dem Zeitraum der Messe) komplett. Auch wurde oft und gern das sog. Ausnahmerecht –jenes Recht, auf der Messe einen speziellen Frieden erwarten zu können- gewährt. Andere erfreuliche Vorrechte, wie etwa der Wegfall der Ahndung von Strafen kamen hinzu. Heute haben sich unterschiedlichste Messen herausgebildet. Die Warenmessen traten in den Hintergrund und wurden von Mustermessen/Werbemessen abgelöst - meist Fachmessen, die eine bestimmte Branche abbilden. Viele Firmen nutzen Messen um ihre neuen Produkte oder Dienstleistungen der Öffentlichkeit vorzustellen. Subversivmesse Fachmesse für Gegenkultur und Widerstandstechnologien Im Mai 2009 warten im Linzer Hafen dutzende AktivistInnen auf Sie, um Ihnen 4 Tage lang die neuesten Entwicklungen auf dem Widerstandssektor näher zu bringen: • Im authentischen Messeambiente kann ein hautnaher Kontakt mit den subversiven Elementen geknüpft werden. • Durch den konzentrierten Austausch werden Strategien für einen radikalen Umsturz der Gesellschaft gebündelt. • Mit einem Mix aus praktischen Werkzeugen, theoretischen Wissen, aktivistischen Interventionen, politischer und künstlerischer Widerstandsformen, wird ein produktives Chaos erzeugt, dass den revolutionären Prozess vorantreibt. Einleitung Wie wird Subversion verstanden? Das Wort „Subversion“ leitet sich aus dem lateinischen Wort „subversor“ für „den Umstürzer“ ab. Die Subversion wird auf Wikipedia als „eine Tätigkeit im Verborgenen“ beschrieben, deren Ziel der Umsturz einer bestehenden Ordnung durch Unterwanderung und Untergrabung sei. Weiters steht zu lesen, dass manchmal die gesamte politische Opposition als Subversion bezeichnet werde. Die Definition im Brockhaus meint Subversion als „auf den Umsturz der bestehenden staatlichen Ordnung zielende, meist im Verborgenen betriebene Tätigkeit.“ Im Duden wird „subversiv“ mit zerstörend, umstürzlerisch erklärt. Der Subversion wird danach eine eher destruktive Kraft zugeschrieben. Auch im alltäglichen Gebrauch hat die Subversion einen negativen Beigeschnack. Sie wird mit Aufwieglertum und Verrat am Ganzen in Verbindung gebracht. Dies drückt sich zum Beispiel in der Beschimpfung als „subversives Element“ aus. Das Individuum habe sich (gefälligst) dem Volk unterzuordnen, spricht aus dieser alltagssprachlichen Formulierung. Aufwertung der Subversion Eigentlich hat der Begriff der Subversion durch poststrukturalistische Ansätze eine positive Aufwertung erfahren. Der akademische Diskurs dürfte dennoch nicht ganz in einen alltäglichen Sprachgebrauch übergegangen sein. Stellte man sich doch die Frage, „wie gesellschaftliche Strukturen und kulturelle Formationen, die mit Herrschaftsverhältnissen produzierenden Machtformen verknüpft sind, durch subversive (unterlaufende) Praktiken verändert werden können.“ (Wikipedia) Der Subversion wurde eine Kraft zugeschrieben, die für eine gesellschaftliche Weiterentwicklung sorgen kann; Gegenkultur durch Subversion und subversives Aufbrechen von Hegemonie, um neue politische Wege zu finden. Etwas vereinfachend formuliert kommt der Subversion im Poststrukturalismus eine ähnliche Bedeutung zu, wie der Revolution im Marxismus. Es wird mehr Vertrauen in die Subversion als Theorie und Praxis für eine bessere Welt gesetzt, als in die Revolution. Subversives Denken und Handeln wird gefordert, um die Macht, den herrschenden Diskurs anzugreifen, ohne dabei selbst die Staatsmacht zu übernehmen. Das heißt auch in das herrschende System zu intervenieren, ohne ein Teil der Repräsentationsebene zu werden. Gilles Deleuze meinte dazu, dass die „Komplizenschaft hinsichtlich des Staates zerbissen“ wurde. (Deleuze, in: Der Faden ist gerissen) Die Enttäuschung über den Realsozialismus, bedingte die Suche nach neuen Formen des Widerstandes. Michel Foucault hält fest: „Wir müssen ganz von vorne anfangen und fragen: Von wo aus kann man die Kritik an unserer Gesellschaft leisten,...“ Er meinte auch, dass keine einzige revolutionäre Bewegung mehr in Frage käme, um sich auf sie zu beziehen. Was etwas pessimistisch klingt. Nimmt man die Analyse von Lyotard hinzu, wird Foucaults Forderung nach einen Neubeginn um 1830 verständlicher. In den “Streifzügen“ schreibt Lyotard: „Die Gewerkschaften trugen dazu bei, die Ausbeutung der Arbeitskraft zu steuern, die Partei diente dazu, die Entfremdung des Bewusstseins zu modulieren, Sozialismus war ein totalitäres Regime, und Marxismus war nichts anderes mehr als ein - Raster von Worten.“ Subkultur ist Mainstream! Oder: Was ist eigentlich Rekuperation? Oder: ©ounter ©ulture Der Kapitalismus entschärft subversive Strategien und Methoden - wenn etwa subkulturelles Auftreten, die Mode, Musik und Codes vom kapitalistischen System vermarktet, oder Graffiti-KünstlerInnen plötzlich nicht mehr eingesperrt, sondern in Galerien eingeladen werden. Kann es also passieren, dass Subversion zur Stärkung des Kapitalismus umfunktioniert wird? Hat Graffiti Platz in Galerien und Museen, oder kommt dies einem Verrat gleich? Darf mit Subversion Geld verdient werden, oder verkauft man dabei auch sein kritisches Bewusstsein? Wie leicht verstaubt subversive Kunst in Museen, bzw. landet bei Sammlern - und was machen die damit? Die Übernahme subversiver Techniken durch die kapitalistische (Kultur) Industrie - sowie die Verschränkung von Werbe-, Mode- Musikindustrie mit dem Sexappeal des aktiven politischen Widerstands wird zur Neverending Storry. Das Medium Messe bietet uns die Möglichkeit die jüngsten Frontverläufe zwischen Kommerz und Kultur, Subversion und Marketing auszuloten und eine zentrale Frage zu stellen: wer benutzt hier eigentlich wen? Spektakel, Spektakel! Kann man sich dem Spektakel der kapitalistischen Gesellschaft entziehen? Helfen uns dabei das Chaos, die Kunst der Improvisation und der geplante Tumult, oder führt alles in die Sackgasse eines subventionierten Emanzipationskarnevals, wo wiederum der bürgerliche Mittelstand durch Distinktionsgewinn profitiert? Wie war das eigentlich gemeint, mit dem richtigen Leben im Falschen? Warum eine Messe? „Eine Messe im wirtschaftlichen Sinne ist eine zeitlich begrenzte, wiederkehrende Veranstaltung, die es Herstellern oder Verkäufern einer Ware oder einer Dienstleistung ermöglicht, diese zur Schau zu stellen, zu erläutern und zu verkaufen. Kunden haben auf einer Messe die Möglichkeit, die Angebote verschiedener Anbieter zu vergleichen und sich ein Bild von der Marktsituation zu machen. Ausstellenden Unternehmen geht es um Gewinn oder Auffrischung von Kundenkontakten, Steigerung des Bekanntheitsgrades sowie Informationsaustausch. Gesamtwirtschaftlich tragen Messen zu Schaffung von Markttransparenz bei und können regional positive Beschäftigungseffekte (Umwegrendite) auslösen.“ Motive die auf die Austragung einer klassischen Publikums- oder Fachmesse zutreffen, haben ebenso für die Subversivmesse Relevanz: Nur auf einer Messe bietet sich die Gelegenheit, eine Vielzahl von Produkten und deren HerstellerInnen direkt kennen zu lernen und auszuprobieren. Ein umfangreicher kommunikativer Prozess wird initiiert und führt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Inhalten. Die Struktur und der Charakter einer Messe vermitteln eine geringere Hemmschwelle als etablierte Kunstinstitutionen und davon profitiert nicht nur der Informationsaustausch. So können sich die BesucherInnen auf der Subversivmesse fernab von gängigen Betrachtungsweisen orientieren und bewegen. Sie haben die Möglichkeit in unmittelbaren Kontakt zu den AusstellerInnen zu treten und Workshops, Vorträge und Produktpräsentationen zu besuchen. Warum Linz? Oder: Linz09 kauft sich eine Messe! In Europa wird jährlich der Titel “Europäische Kulturhauptstadt”, -mittlerweile an zwei Städte-, verliehen. Damit verbindet sich der Gedanke eine Stadt (oder eine Region) mittels Kultur aufzuwerten. Zu diesem Zweck werden große finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt. Im nächsten Jahr darf sich Linz als “Europäische Kulturhauptstadt” bezeichnen. Ein erklärtes Ziel von “Linz09" ist es den Wirtschaftsstandort Linz zu fördern. Die Rentabilität von Kultur ist auch ein wichtiger Grund für die Politik, sich in dieser Sache zu engagieren. Das Messekonzept der Subversiv-Messe greift das Motiv des “Kulturellen Mehrwerts” bewusst auf, um die Wirtschaftstauglichkeit von (Kunst& Kultur mittels Überspitzung zu ironisieren. Auf einer Messe werden meist Produkte einer Branche angeboten. Auf der Subversiv-Messe werden subversive Strategien, Methoden, Entwicklungen beworben. Für Linz09 sollen wir die Subkultur bedienen, und gewagte, provozierende Thesen aufstellen. Was sind die Methoden der Subversion? Methode leitet sich aus dem griechischen „methodos“ ab und bedeutet „Weg zu etwas hin“, „Gang einer Untersuchung“. Die Methode ist „ein nach Gegenstand und Ziel planmäßiges Verfahren, (...) zur Lösung praktischer und theoretischer Aufgaben.“ In diesem Sinn braucht es Methoden, die den Weg zur Subversion, zu subversivem Denken und Handeln, aufzeigen. Methoden für Theorie Im theoretischen Sinn kann bei der subversiven Analyse auf Methoden des Poststrukturalismus zugegriffen werden. Da bei der Diskursanalyse Fragen nach dem gesellschaftlichen Kontext, der Regeln und Normen gestellt werden, hilft diese Methode der Subversion, ihre Themenbereiche und Handlungsfelder zu finden. In der Methode der Dekonstruktion werden Identitäten hinterfragt, und die Differenz gegenüber der Essenz aufgewertet. Indem starre Systeme theoretisch unterwandert werden, erhält subversives Vorgehen ihren dynamischen, immer in Bewegung bleibenden Charakter. Auch andere geisteswissenschaftliche Theorien beinhalten Methoden, die für die Subversion relevant sind. Methoden der kritischen Theorie etwa schaffen eine Art von kritischer Analyse, die sich mehr an der Einheit von Theorie und revolutionärer Praxis orientiert, was der Subversion entgegenkommt, weil sie sich auch in diesem Spannungsfeld bewegt. Methoden für Praxis Im praktischen Bereich gibt es viele unterschiedliche Methoden, um subversives Handeln zu ermöglichen. Durch ein subversives, praxisorientiertes Instrumentarium wird die Ordnung der Gesellschaft angegriffen. Mit subversiven Methoden werden konkrete Aktionen und Projekte entworfen, die gezielt eine Gegen-Öffentlichkeit erzeugen. Zwei wesentliche praktische Methoden - im Handbuch der Kommunikationsguerilla werden sie als Prinzipien bezeichnet - sind die Verfremdung und die Affirmation/Überidentifikation. Andere Methoden, die unmittelbar zu Praxen gerinnen, lassen sich grob in diese beiden Kategorien bringen. Methode der Verfremdung Gewohnte Darstellungen werden über subtile Eingriffe verändert. Neue Aspekte und neue Lesarten werden über Verfremdung in den Kommunikationsprozess eingeschleust. Das Ziel dabei ist, Erwartungshaltungen zu unterwandern. Aussagen werden verändert und unerwartete Bedeutungen werden hergestellt. In der Methode der Verfremdung ist es wichtig, die kulturelle Grammatik, ähnlich der kulturellen Hegemonie, zu analysieren, um die Regeln und Normen lächerlich machen zu können. Oft werden die bestehenden Verhältnisse als unwiderrufliche Notwendigkeiten gesehen. Über die Verfremdung wird versucht, Verwirrung zu erzeugen, die die BetrachterInnen „momentan auf Distanz zur Situation gehen“ lässt. So können innere Widersprüche, Paradoxien oder Aspekte gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse aufgedeckt werden. Überall dort, wo etwas mitgeteilt werden soll, bei politischen Plakaten, Werbepostern, Denkmälern, greifen die Methoden der Verfremdung, um die Aussage zu verändern. Die Situation wird kommentiert. Im besten Fall liefert eine subversive Verfremdung einen Hinweis für eine emanzipatorische Gesellschaftsveränderung. Auch in der Politik und in der Werbung wird, um Aufmerksamkeit zu schaffen, mit Methoden der Verfremdung gearbeitet. Daher ist die Methode der Verfremdung nicht zwingend subversiv – der Kontext und die Art und Weise der Umsetzung sind ausschlaggebend für die Subversion. Methode der Überidentifikation Hier wird mit dem Konsens gespielt, indem unhinterfragte Zustände überspitzt formuliert werden. Tabuisierte Aspekte des Gewohnten werden ausformuliert. Die Macht wird durch ihre eigene Logik geschlagen. Es wird konsequent zu Ende gedacht, was hegemonial angelegt ist. Dadurch werden Irritationen geschaffen, die der „paradoxen Intervention“ aus der Psychoanalyse nicht unähnlich sind. Indem die falschen Leute das Richtige/Normale zur falschen Zeit, und/oder am falschen Ort ausführen, wird die Normalität dekonstruiert. In der Überidentifikation wird die moralische Distanz aufgegeben, wodurch sich die Konfrontierten schwer dagegen verwehren können. Die „Revolution des Ja“, wie ein Buchtitel von Bazon Brock lautete, beschreibt die schelmische Zustimmung als von Seiten der Macht schwer zu bekämpfende Vorgehensweise. Die Herrschaft wird in einen Erklärungsnotstand gedrängt, weil die übertriebene Zustimmung, etwa wie sie Schwejk praktizierte, nur zurückgewiesen werden kann, indem die eigenen Grundsätze widerrufen werden. Die Methode der Überidentifikation ist besonders reizvoll, da der Macht ein Streich gespielt wird, worauf sie schwer reagieren kann. Die praktische Umsetzung ist riskanter, als die der Verfremdung. Falls die Überidentifikation nicht als Kritik erkenntlich wird, kann die Intention komplett verkehrt werden. Die herrschenden Verhältnisse werden bestätigt, der Schuss geht dann nach hinten los. Die Situation und der Kontext müssen also immer genau analysiert werden, um dieser Gefahr zu entgehen. Taktik Die Taktik wie die Methoden der Verfremdung und der Überidentifikation zur Wirkung kommen weist ein weites Spektrum auf. Meist können die Taktiken bzw. praktischen Methoden, je nach Situation, für beide Prinzipien (Verfremdung, Überidentifikation) verwendet werden. Subversive Elemente lassen sich in Erfindungen z.B. von falschen Tatsachen, was auch mit Fälschungen/Fakes korrespondiert, erkennen. Eine Verkleidung oder Camouflage hilft oft bei Aktionen der Affirmation, um authentischer in der gespielten Situation zu wirken - bei Crossdressing oder unsichtbarem Theater etwa. Wohingegen Entwenden und Umdeuten eher auf die Verfremdung verweisen indem Logos, Sprüche und bekannte Motive, aber auch ganze Situationen mit einer neuen Bedeutung ausgestattet werden. Ähnlich verhält es sich bei der Collage und der Montage. Auch hier wird mit vorhandenem Material gearbeitet. Auf die Musik übertragen wird gerne das Sampling angeführt. Textteile, Bildteile, Musikteile werden zerschnitten und zerlegt um in eine neue Form gebracht zu werden. Die ursprüngliche Ausgangsbasis wird im Resultat erkennbar sein, ansonsten handelt es sich um „etwas Neues“. Subversion und Strafe ...in der Mythologie Subversion gab es schon seit jeher. Bereits die griechische Mythologie beinhaltet Erzählungen über die Subversion. Da gibt es die Geschichte vom Prometheus, der als Freund und Kulturstifter der Menschheit gilt und wider den Befehl von Zeus, den Menschen das Feuer (zurück)brachte. So ähnlich kann auch die biblische Geschichte vom Baum der Erkenntnis gedeutet werden. Eva handelte subversiv, gegen das Verbot, und aß vom Baum der Erkenntnis. Prometheus und Eva (und Adam) wurden von Zeus bzw. Gott für ihren Verrat bestraft. Dazu auch gleich noch der Rest der Menschheit mit Krankheiten und Seuchen belegt. Das Ausschlaggebende dabei ist die Regelüberschreitung für die Gute Sache – die Erkenntnis. In diese Richtung kann auch das Feuer für die Menschen gedeutet werden. Das hat auch etwas mit der Neugier und der Wissbegierde zu tun, und mit dem Aufbegehren gegen lustloses, ödes Dahinleben, wie es die Götter gerne sehen würden. ...und Heute Die Frage nach Strafe stellt sich auch heute noch. Subversion schrammt oft den Bereich der Legalität bzw. kollidiert damit. Freilich wird man zur Bestrafung nicht mehr im Kaukasus an einen Fels gekettet, sondern meist subtiler bestraft. Etwa durch Verweigerung von Förderungen, durch mediale Nichtbeachtung, aber auch Gefängnisstrafen für subversives Handeln sind nicht ausgeschlossen. Motivation für Subversion liegt auch darin, die Gesetze zu verändern, sie nicht als unantastbar, für immer und ewig gültig zu sehen. Oder die Gesetzeslage wird einfach ignoriert, weil sie mit der eigenen moralischen Überzeugung nicht zusammen geht. Die Gefahr, dabei bestraft zu werden, ist ganz real. So wie Antigone wegen ihres subversiven Handelns – ihr Gewissen über das Gesetz zu stellen – mit der Einmauerung bestraft wurde. Werden politische Aktionen jedoch mit künstlerischen Mitteln durchgeführt, sinkt das Risiko, Repression auf sich zu ziehen. Zumindest in den kapitalistischen Zentren haben Kunstaktionen in der Regel eine gewisse Freiheit, weil sie weniger als Gefahr für die herrschende Ordnung gesehen werden. Bei einer deklarierten Kunstaktion werden die AkteurInnen normalerweise von den Repräsentanten des Staatsapparates freundlicher behandelt, als bei einer angekündigten anarchistischen Manifestation. Zusammenfassung Es ist ein gewichtiger Aspekt der Subversion, den Gesetzestext zu strapazieren und bewusst zu überschreiten, damit das kritisierte Gesetz neu formuliert oder abgeschafft wird. Ein ebenso gewichtiger Punkt ist das Aufbrechen von Normen, Traditionen und festgelegten Verhaltensmustern. Gesellschaftliche Umstände, die als falsch erkannt werden, gilt es in Frage zu stellen, so der Grundtenor subversiven Denkens und Handelns. Damit wird die Hoffnung verbunden, eine gesellschaftliche Weiterentwicklung zu initiieren. Was ist Hegemonie? Hergeleitet wird der Begriff Hegemonie von Antonio Gramscis Beschäftigung mit gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen. In seinen Ausführungen erweitert er die Vorstellung, dass in der bürgerlichen Gesellschaft Herrschaft durch bloßen Zwang ausgeübt wird mit einem Konzept der Hegemonie. Laut Gramsci gibt es eine zweite Wirkungsebene, über die sich ein Staat konstituiert. Durch einen Konsens in der Gesellschaft wird die Herrschaft einer Klasse erst richtig gefestigt. Damit ist die (ökonomische, politische, kulturelle) Hegemonie gemeint, die einen „Konsens der Regierten“ erzeugt. Vermittelt über Hegemonieapparate, worunter Gramsci Institutionen wie Schulen, Universitäten, Kirche, Vereine, Familie, Gewerkschaften und Massenmedien zählt, erscheint der Staat als „Organisator der Zustimmung“. Damit ein kapitalistisches Herrschaftssystem auf stabilen Beinen steht, muss sich die Zivilgesellschaft („societa civile“), wie Gramsci sie nennt, mit den bestehenden Verhältnissen und Praktiken identifizieren, d.h. zustimmen, oder zumindest passiv hinnehmen. In der Hegemonie steckt auch der Kompromiss, auf den sich die herrschende Klasse/Gruppe einlässt, um sich ihre Macht zu erhalten. Der Begriff ist vor dem Hintergrund sozialer Kämpfe und sich im politischen Prozess artikulierender Interessen zu verstehen. Der Staat ist daran interessiert, soziale Kämpfe zu institutionalisieren, um eine relative Stilllegung der Konflikte zu erreichen. Gramsci hat hierbei sozusagen die Auswirkung der Sozialpartnerschaft beschrieben. Kurzum ist in der Zivilgesellschaft die Meinung vorherrschend, in der „besten aller möglichen Welten“ zu leben. Zivilgesellschaft heute Ist die Zivilgesellschaft nach Gramsci Ausdruck des Konsens und der Ort der Kämpfe um Hegemonie, so wird Zivilgesellschaft im heutigen Gebrauch eher positiv gewertet, als Hort der Zivilcourage etwa. Zur Beschreibung von gesellschaftlichen Normen und Regeln ist der Begriff momentan schwer zu gebrauchen. Es wird mehr der neutrale Begriff Gesellschaft mit diversen Zusätzen, wie herrschende Zustände, oder Normalität, verwendet. Hegemonie heute Wenn der Hegemoniebegriff vertiefend zur Anwendung kommt und die kulturelle Hegemonie, neben der politischen und ökonomischen Hegemonie, durchleuchtet wird, eröffnet sich eine Gesellschaftsanalyse, an die ein Aktionismus, ob politisch oder künstlerisch, hervorragend anknüpfen kann. Für praktische Perspektiven ist der Gedanke wichtig, dass auch die Gesellschaft ein Zwangsystem birgt, das es zu dekonstruieren gilt, wenn man eine Veränderung der herrschenden Zustände erreichen will. Mit dem Hegemonie-Verständnis im Sinne Gramscis öffnet sich ein Feld für viele Auseinandersetzungen. Die Gegen-Hegemonie bildet sich in kleinen Bereichen der Gesellschaft. Die Suche nach konkreten Ansatzpunkten, strategisches Denken und spezifische Verweigerung sind dabei besonders wichtig. Hier fühlt sich auch die Subversion heimisch. Subversive Strategien operieren mit einem feinen Gespür für Macht und Unterdrückung, um das Gerüst der Normalität zu durchbrechen. Der Gedanke, dass Aneignung der Staatsmacht alleine nicht reicht, führt zu multiplen Ansätzen/Praxen, um auch in der Gesellschaft ein Umdenken in Kraft zu setzen. Obrigkeitsdenken ist oft weit verbreitet. Dazu gehört auch eine starke Identifikation mit dem Staatsapparat. Wie gefestigt die Hegemonie (in Österreich) ist, kann am Gebrauch des Wortes „normal“ abgelesen werden. Wünscht sich doch die Mehrheit nichts sehnlicher, als normal zu sein. Genau an dieser Stelle kann mit einer subversiven Strategie angesetzt werden – an der Normalität und ihrem Zwangscharakter. Wer sind die Subjekte? Die handelnden Personen im Kampf gegen Aspekte des Bestehenden organisieren sich immer weniger in den traditionellen Organisationen der ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung. Vielmehr vernetzen sich nun etliche kleinere Gruppen, Projekte, Vereine, NGOs auf einer transnationalen Ebene und gehen temporäre Bündnisse ein. Die Gruppen sind in ihrer Differenz organisiert und es wird kein einheitliches (revolutionäres) Subjekt, wie im traditionellen Marxismus, gefordert. Antonio Negri und Michael Hardt bringen an dieser Stelle den Begriff der Multitude ins Spiel. Dieser bunte Zusammenschluss kämpft gegen das Empire – die Macht, die sich durch immer weniger institutionelle Zentren auszeichnet. Sichtbar wird der Kampf der Multitude am ehesten in den Protesten gegen Treffen der Weltbank, der G8 und des WEF (WorldEconomicForum). Wer sind subversive Subjekte? Aus dieser nonkonformen Masse, die sich auf Demos, Grenzcamps, Bündnistreffen und vernetzten Aktionen bildet, entwickelten sich zunehmend kreative Widerstandsformen. Der politische Aktionismus bedient sich vermehrt spezifischer Methoden, Kompetenzen und Techniken, die in Kunstproduktionen und Medienarbeit erdacht und erprobt wurden. Andererseits dockt auch die aktionistische Kunst an politische Bewegung an. Jene KünstlerInnen, die sich der gesellschaftskritischen Funktion von Kunst bewusst sind, bemühen sich dabei meist, politische Inhalte codiert, auf eine subversive Weise, zum Ausdruck zu bringen. Sowie AktivistInnen aus einem politischen Umfeld auf subversive Methoden zugreifen, um ihre Botschaften zu transportieren. Außerdem zeichnet subversive AktivistInnen eine hohe Beweglichkeit und Flexibilität aus, sofern sie von staatlicher Seite nicht daran gehindert werden, wie etwa AsylwerberInnen. Die subversiven Aktionen werden meist im öffentlichen Raum durchgeführt und medial gut aufbereitet. Die gute Kenntnis und die Arbeit mit den unterschiedlichen Medien sind bei subversiven Subjekten besonders gut ausgeprägt. Ein ebenso wichtiges Kriterium ist die gute Netzwerkarbeit der kunst/polit AktivistInnen. So wird jeder Knotenpunkt dieses Netzes ein wichtiger und effektiver Teil des gesamten „Subversiven Subjektes“.
|
(C) Die Autoren | changed: 12. Februar 2019 |