Theoriekultur - Wiki
Unsichtbare Intelligenz /
Buchkonzept

 
Im November 2008 fand in der Neuen Galerie in Graz ein Symposium statt, das mit dem Anspruch auf die Sichtbarmachung kritischer Theorie in Österreich auftrat. Gezeigt werden sollten TheoretikerInnen die im Geistesleben der Republik systematisch ausgegrenzt werden – nicht wegen der mangelnden Qualität ihrer Beiträge sondern aus einem völlig anderen Grund. In einem Staat der sich auf die Tragfähigkeit eines öffentlichen Bewusstseins verlässt, in dem die Kundgabe von prominenten subjektiven Befindlichkeiten, das ständige Lamentieren über skandalösen Auswüchse einer weitgehend als normal akzeptierten Realität und die methodisch gepflegte Weltferne pluralistisch konstruierter Harmoniemodelle eine unheilige Allianz eingehen, sind eben manche Dinge nicht diskursfähig.

Eine ekklektische Auswahl originärer und integraler Denkansätze zu Themen wie „leitkulturelle Verdrängungsgeschichte“, „Marktwirtschaft und Marktkultur“, „Medientheorie“, „Wissenschaftsbetrieb“, „Postfordismus“, „Zivilgesellschaft“ und „Utopien“ sollte zeigen dass es neben dem Feuilleton sehr ernsthafte und zukunftsfähige Diskurse gibt, die sich zumeist in eigenen Publikationsmedien organisieren und abseits der Öffentlichkeit die das alles eigentlich anginge leben.

Herausgekommen ist aber bei dem Symposium einiges mehr: nämlich die nur bedingte Diskursfähigkeit solcher originärer Ansätze abweichenden Denkens untereinander, die auch ihre mangelnde Fähigkeit erklärt, öffentlich wahrgenommen zu werden, vielleicht miterklärt. Es scheint strukturelle Schwierigkeiten zu geben, gleichzeitig ein kritisch-reflektierendes, utopisch-konstruierendes und pragmatisch-veränderndes Denken zu pflegen. Stattdessen herrscht weitgehende Sprachlosigkeit untereinander.

Genau diese Situation war der Ansporn das Konzept zu verändern und aus den kommentierten alten und einigen geladenen neuen Beiträgen einen Sammelband zu machen, der zeigen soll dass das heute geforderte Denken über eine ebenso große Bandbreite verfügen muss wie die komplexe Realität der es gegenübetrtritt. Ein Denken, das sich ihr wirklich stellen und nicht einfach als unbegriffener oder übermächtiger unterwerfen will, muss eben über alle drei Attribute verfügen:

  • es muss kritisch sein in dem Sinn dass es auch unbequeme Wahrheiten auszuhalten imstande ist und sich nicht vor solchen Resultaten fürchtet
  • es muss visionär sein in dem Sinn dass es die in der kritisierten Realität vermissten oder zerstörten Momente antizipativ zur Sprache bringen kann
  • es muss verändernd sein, das heisst erkennen wie der Gedanke zur Wirklichkeit gelangen kann.
Die in diesem Band versammelten Beiträge verweisen in diesem Sinn auf eine wünschenswerte Bandbreite im Denken, die die oppositionellen Diskurse handlungsmächtiger machen kann.
(C) Die Autoren changed: 20. Oktober 2020